Fast muss man für Jörg Ziercke schon so etwas wie Bewunderung empfinden. Die Unbekümmertheit, mit welcher der BKA-Chef regelmäßig seine komplette Ahnungslosigkeit zur Schau stellt, kennt man sonst nur von nachmittäglichen Pöbel-Bestiarien eines Hans Meiser. Diesmal geht es wieder einmal um die von ihm als Rettung der Menschheit herbeigeflehte Vorratsdatenspeicherung. Damit dem bekanntermaßen automobilaffinen Deutschen ein für alle mal klar wird, wie harmlos und nützlich diese Maßnahme ist, greift Ziercke zu einem, wie er meint, plastischen Vergleich. So wie im Straßenverkehr müsse es auch im Internet Regeln geben, denn immerhin: "Niemand käme heute auf die Idee, die Kennzeichnung am Pkw mit einem Generalverdacht gegen unschuldige Kfz-Besitzer gleichzusetzen."
Oops, he did it again. Man weiß nicht so recht, was mehr beunruhigt: Entweder lügt der Mann ganz unverschämt, oder weiß tatsächlich nicht, wovon er redet.
Wir rufen uns noch einmal in Erinnerung: Vorratsdatenspeicherung im Internet bedeutet, dass sich der Zugangsanbieter ein halbes Jahr lang merkt, wann ich von welchem Anschluss mit welcher Kennung wie lange mit welcher IP-Adresse im Internet unterwegs war. Die IP-Adressen, zu denen ich Verbindung aufgenommen habe, werden nicht gespeichert - es sei denn, ich benutze E-Mail. Dann kommt kurz gesagt alles ins Protokoll, was den Versand und Abruf der Mail anbelangt, einschließlich Sender und Empfänger. Allein der Inhalt der Mail interessiert nicht. Telefoniere ich übers Internet, werden die IP-Adressen der Gesprächsteilnehmer und die Gesprächsdauer, nicht aber der Inhalt gespeichert. Mobiltelefonate lassen wir hier außen vor, weil sie mit dem Internet nichts zu tun haben.
Zierckes Behauptung, die Vorratsdatenspeicherung im Internet entspräche dem Nummernschild an einem Auto, ist also eine schon fast kriminelle Verharmlosung. Fänden Zierckes Überwachungsträume auf der Straße statt, gäbe es eine jederzeit für die Polizei zugängliche Datenbank, in der über jeden Autofahrer stünde, wann er wie lange mit welchem Auto unterwegs war und wo seine Fahrt begann. Sobald er anhält, um sich mit jemandem zu unterhalten, stünde ebenfalls im Protokoll, wann dies wo stattfand und mit wem er sich unterhalten hat. Von Taxikunden registriert man zusätzlich noch Start und Ziel. Ledidglich die Hosentaschen müsste man nicht ausleeren. Ginge es auf den Straßen wie im Internet zu, dann wäre jeder noch so kleine Ort dafür haftbar, wer seine Straßen nutzt, dann könnte man die Bundesrepublik Deutschland dafür verklagen, dass in den 70ern die RAF mehrfach deutsche Autobahnen genutzt hat.
Herr Ziercke, am Anfang war Ihr entspanntes Verhältnis zur Realität ja noch ganz lustig, aber langsam wird es ermüdend, ständig Ihre Unwahrheiten korrigieren zu müssen. Bitte hören Sie auf, von Ihrem Intellekt auf den Ihrer Zuhörer zu schließen.
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