Donnerstag, 26. November 2009

Padeluun am b-it

Padeluun der Egomane. Padeluun der Narziss. Padeluun der selbstverliebte Plauderer. - So lautet die Kritik aus techniknahen Datenschützerkreisen, in denen vor allem der autarke Führungsstil des FoeBuD-Chefs auf geteiltes Echo stößt.

Doch da gibt es auch den eloquenten Redner Padeluun, den Künstler, der sowohl auf den von Juristen dominierten Datenschutztagungen als auch bei den Nerds Anerkennung findet. Vor allem gibt es den Padeluun, der seit Jahren den deutschen "Big Brother Award" organisiert, einen Anti-Preis, dessen Verleihung es bis in die eher betulichen Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Sender schafft.

Allein schon der "Big Brother Award" sorgt aus meiner Sicht für eine insgesamt positive Bilanz seines bisherigen Schaffens. Wie schon padeluuns Vorredner auf der Vorlesung "Kommunikationsgesellschaft ohne Avantgarde, Phlegma als Gestaltungsprinzip." im Rahmen der "Ringvorlesung Datenschutz" am 26.11. im Bonner b-it sagte: Datenschutz hat den Nachteil, dass man ihn nicht sieht. Man muss nur auf ein niedliches Hündchen zeigen, und jeder weiß sofort, was Tierschutz ist, aber man kann nicht auf etwas zeigen und sagen: "Sieh her, das ist mein Dat." Datenschutz braucht also etwas Greifbares, eine Galionsfigur, und das ist unter anderem padeluun. Der gibt zwar optisch nicht so viel her wie ein Robbenbaby, aber er wirkt in einem Anzug nicht so deplaziert wie so mancher andere Geek, was seine Akzeptanzwerte außerhalb dieser Sphäre deutlich erhöht. Er kann gut reden, und er hört sich gern reden, und das sind genau die Eigenschaften, die man braucht, um sich 90 Minuten auf eine Bühne zu stellen und seine Zuhörer bei Laune zu halten.

Padeluun kann nicht nur gut reden, er beschäftigt sich auch schon eine geraume Zeit mit Computerkultur, und so geraten die ersten 30 Minuten seines Vortrags zu einem Ausflug in die Geschichte der Mailboxen, des BTX und des Datex-P, einer Zeit also, in der Daten noch mittels Akustikkoppler über eine Analogtelefonleitung gesendet wurden, Telefonrechnungen von Datenreisenden hohe dreistellige DM-Beträge erreichten, die Bundespost eifersüchtig über jedes an ihr kostbares Netz angeschlossene Gerät wachte und ein Megabyte noch ernsthaft viel Platz darstellte. Mit Datenschutz hatte diese Zeit eher am Rande zu tun, historisch interessant war sie allemal.

Wenn padeluun über die Tage der ersten Mailboxen redet, klingt er ein bisschen wie die Generation meiner Großeltern, wenn sie vom Krieg berichtet. Ich kann es ihm nicht verübeln, weil meine Geschichten genauso klingen, wenn ich davon erzähle, wie wir Mitte der 80er bei einem Juso-Kongress zum Thema "Neue Medien" in der Bonner SPD-Parteizentrale ganz gebannt zusahen, als jemand einen Akustikkoppler durch ein meterlanges RS232-Kabel mit einem Klotz von PC verband, auf dessen Grünmonitor sich dann im bequem mitlesbaren 300-Baud-Tempo das Menu einer Mailbox aufbaute. Allein der Gedanke, dass da eine riesige Welt aus Computern war, die es zu erkunden galt und wir die Pioniere waren, die in diese Welt vorstießen - von den Einen bewundert, von den Meisten aber misstrauisch beäugt -, war umwerfend. Natürlich ist es heute fantastisch, wenn wir auf Mobiltelefonen Livestreams von Veranstaltungen ansehen können, wenn wir uns mit Google Wave oder Etherpad weltweit zu virtuellen Teams zusammenschließen und via Twitter und Chat mit allen möglichen Leuten reden können, aber die Anfänge bestanden eben in den Quietschtönen aus der Telefonleitung und sich gemächlich entfaltenden Textbildschirmen. Aus heutiger Sicht mag die damalige Technik finsterste Steinzeit sein, faszinierend war sie trotzdem. Padeluun drückt es so aus: "Wenn ich heute an Netze denke, dann sehe ich sie immer noch in tiefseegrün, der Farbe eben, mit der sie damals auf den Monitoren dargestellt wurden."

Für padeluun setzte in dieser Zeit das Nachdenken über Datenschutzfragen ein. Als Mailboxbetreiber sah er zufällig, wie sich zwei ihm bekannte Nutzer Mails schrieben, und er begann sich zu fragen, was ihn deren persönliche Nachrichten eigentlich angingen. Lange bevor das Thema Datenschutz im Internet eine Rolle spielte, sorgte die FoeBuD Mailboxsoftware für eine gewisse Privatsphäre ihrer Anwender. Ziel waren Netzwerke, deren Nutzer sich gut aufgehoben und willkommen fühlen.

Eine weitere Erkenntnis ging ihm damals auf: Nicht die Admins (oder Sysops, wie sie damals hießen) gestalten das Netz, sondern die Nutzer. Was heute als Alleinstellungsmerkmal des Web 2.0 angesehen wird, ist in seinen Grundzügen knapp 30 Jahre alt.

Mitte der 90er breitete sich das Internet explosionsartig aus. Allein sprachlich war das neue Medium überlegen. Redeten die Mailboxer sperrig von "Datenfernübertragung", ging man im Internet "surfen". Padeluun sieht diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Auf der einen Seite begeistern ihn die neuen Kommunikationsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite stellt das Internet aus seiner Sicht technisch einen Rückschritt dar, weil es von Haus aus keinen Schutz der persönlichen Nutzerdaten bietet. Darüber hinaus schwingt auch die Enttäuschung mit, dass die ganze Mailboxinfrastruktur, die sich Technikenthusiasten mühsam und mit viel Raffinesse aufgebaut hatten, praktisch über Nacht völlig wertlos wurde. Kein Mensch stellt sich heute noch seinen Server unter den Schreibtisch, stattet ihn liebevoll mit einem Festplattenstapel aus und optimiert seine Fido-Installation, sondern man mietet sich bei irgendeinem Billigprovider ein paar Gigabyte Webspace und passt allenfalls das vorinstallierte CMS etwas an die eigenen Bedürfnisse an.

So ist nun einmal der Gang der Dinge. Ich kann mir auch eine Reihe Gründe vorstellen, warum Morsefunk unbedingt weiter gepflegt werden sollte, aber trotzdem ist diese Technik auf dem Rückschritt. Sprechfunk ist schlicht einfacher, und wenn es denn unbedingt Morsesignale sein müssen, gibt es Programme, die deren Übersetzung erledigen. Ähnlich ist es mit dem Internet. Aus Datenschutzsicht mag es eine Katastrophe sein, aber die Leute wollen keinen Datenschutz sehen, sondern Youtube. Nüchtern betrachtet mag dieses Verhalten dumm sein, aber ich habe Sympathie für Leute, die sich mit Phantasie und Enthusiasmus auf etwas Neues stürzen, ohne vorher eine zwei Jahre lang tagende Ethikkommission einzuberufen, die vorsichtig alle Bedenken abwägt, um dann in einer Testphase sorgfältig an einer handverlesenen Versuchsgruppe die möglichen schädlichen Folgen zu untersuchen. Man stelle sich vor, die Deutschen wären bei der Erfindung des Rades zugegen gewesen. Wahrscheinlich säßen wir heute noch da und berieten, wie wir die arbeitslosen Sänftenträger in Umschulungsmaßnahmen stecken und unsere Kinder vor einer Welt bewahren, in der man das Gehen verlernt, weil man sich nur noch auf Rädern fortbewegt.

Glücklicherweise gehört padeluun auch nicht zur Riege der Bedenkenschlepper. Dennoch vertritt er die Haltung, bisher hätte man eine nützliche Technik einfach nur einführen und negative Auswüchse verhindern müssen, aber beim Internet hätten wir erstmals eine gefährliche Technik, die gebändigt werden müsse, bevor man sie nutzen kann. So wuchtig dieser Satz auch daher kommt, man muss ihn im Zusammenhang sehen. Padeluun berichtet beispielsweise von seinen ersten Treffen mit dem CCC mit den Worten: "Die Leute, die damals kamen, waren alle unglaublich freundlich und hatten dieses Blitzen in den Augen. Die wussten, wo es langgeht." So klingt kein Maschinenstürmer. Er will einfach nur, dass man sich das Etikett noch einmal durchliest, bevor man die Büchse der Pandora öffnet.

Um eine Öffentlichkeit für Datenschutzfragen zu schaffen, gibt es seit 10 Jahren den "Big Brother Award", der in 14 verschiedenen Ländern für besonders üble Verletzungen der Privatsphäre verliehen wird. In Deutschland organisieren padeluun und der FoeBuD die Verleihung. Wichtig ist ihm hierbei, die Tür zum Dialog mit den Nominierten wenigstens einen Spalt breit offen zu halten. So wählt er auch die Bezeichnung "Datenkrake", selbst wenn ihm "Datenverbrecher" deutlich angemessener erschiene. Dass eine gewisse diplomatische Selbstbeherrschung nicht nur Selbstzweck ist, sondern tatsächlich etwas bewirkt, belegen seiner Ansicht nach Erfolge wie der beim Protest gegen die Einführung von RFIDs bei Metro, wo man zumindest erreichte, dass die mit solchen Chips ausgestatteten Kundenkarten zurückgezogen wurden. Zwar sind die Preisschilder inzwischen mit der Funktechnik versehen, aber die Reaktion des Metrokonzerns auf die Proteste zeigt, dass man dort um ein gutes Image bemüht ist. Darüber hinaus führt RFID nicht zwangsläufig zu einem besseren Schutz gegen Diebstahl. Der vom FoeBuD vorgestellte Data Privatizer ermöglicht es, den Inhalt der Chips umzuschreiben und so aus einer teuren Flasche Champagner eine billige werden zu lassen.

Weitere Indizien für das gewachsene Datenschutzbewusstsein sind für padeluun zwei Zahlen: 34.451 und 130.000, die Zahl der Kläger gegen die Vorratsdatenspeicherung und die Unterzeichner der Onlinepetition gegen das Internetverhindergungsgesetz. Weiterhin zeigt eine Gallup-Studie, dass die Deutschen gleich nach den Österreichern europaweit das größte Interesse daran zeigen, was mit ihren persönlichen Daten geschieht. Deswegen sieht padeluun einen Grund für das schon fast bemitleidenswerte Abschneiden der ehemaligen Volkspartei SPD bei der letzten Bundestagswahl in der Enttäuschung der Wähler über das Verhalten bei der Zensurdebatte. Er hätte es lieber gesehen, wenn die SPD Stimmen der Zensurbefürworter verloren hätte, aber insgesamt aus der Diskussion gestärkt hervor gegangen wäre, als die jetzige Situation, in der die SPD zwischenzeitlich auf 19 Prozent durchsackt und die Botschaft eines Neubeginns niemanden so recht erreicht. Oliver Zeisberger von der SPD sagte es so: "Ich glaube, dass man immer zu einer klügeren Erkenntnis kommen kann und dass dies auch kein Glaubwürdigkeitsproblem darstellt." Dazu gehört freilich, zu dieser klügeren Erkenntnis erst einmal zu gelangen.

Ein weiteres Schwerpunktthema des FoeBuD ist die Videoüberwachung. Padeluun zweifelt massiv deren Wirksamkeit an. Aus seiner Sicht geht von einer Überwachungskamera ein zwiespältiges Signal aus. Einerseits suggeriert sie zwar einen wachsamen Beobachter, aber die Kriminalitätsfälle der vergangenen Monate zeigen, dass dem bei laufender Kamera unter den Fußtritten seiner Peiniger verreckenden Rentner nicht dadurch geholfen ist, dass jemand zusieht, sondern dass jemand eingreift. Die beiden Westentaschenterroristen, die versucht hatten, den Regionalexpress nach Koblenz in die Luft zu sprengen, wurden offensichtlich nicht etwa gefasst, als sie unter den Augen der Kamera den Koffer mit der zu diesem Zeitpunkt vermeintlich funktionstüchtigen Bombe über den Kölner Bahnhof zogen. Was wäre passiert, wenn die Bombe gezündet hätte? Genau, man hätte wenigstens zwei der völlig zerfetzten Leichen leicht identifizieren können. Eines scheinen die Sicherheitsexperten noch nicht begriffen zu haben: Viel lieber, als posthum ihre Mörder zu kennen, wollen die meisten Leute vorher erst gar nicht sterben.

Andererseits sind Videoüberwachungen Indikatoren einer gefährlichen Gegend. Vielleicht gibt es hier etwas zu holen, vielleicht treiben sich hier Kriminelle herum, auf jeden Fall muss diese Kamera einen Grund haben. Statt mehr Sicherheit vermittelt diese Maßnahme also eher Unsicherheit.

Ob zum Guten oder Schlechten - dass Kameras überhaupt etwas in irgendeine Richtung bewirken, ist nicht klar. Da die Installation der Überwachungsgeräte oft von weiteren Maßnahmen wie optischen Umbauten, bessere Sozialarbeit und mehr Sicherheitskräften flankiert wurde, lässt sich schwer sagen, ob und wenn ja wie welche Besserung erreicht wurde. Ebenso weiß man nicht genau, ob sich die Kriminalität nicht einfach verlagerte und was passierte, nachdem sich die Leute an die Gegenwart der Kameras gewöhnt hatten. Profitiert haben von alledem in jedem Fall die Hersteller der Überwachungssysteme, die nicht nur an der Installation, sondern auch an deren Wartung verdienten.

Einige Punkte des Vortrags bleiben unklar. Beim Thema Scoring, also der Einschätzung der Eigenschaften eines Menschen anhand statistischer Wahrscheinlichkeiten, die sich beispielsweise aus seinem Alter, seiner Herkunft und seinem Wohnumfeld ergeben, fordert padeluun dazu auf, eine angebliche Rechenaufgabe aus dem 2. Weltkrieg zu lösen: Man stelle sich ein über die Stadt London gelegtes Karoraster vor. Eine Bomberstaffel fliege dieses Raster einmal spalten- einmal zeilenweise ab und werfe in regelmäßigen Abständen eine gewisse Menge Bomben. Man berechne die Wahrscheinlichkeit, dass jedes Karo genau einmal getroffen wird. Nach padeluuns Erwartung hätte sich mindestens einer der Zuhörer melden und die Berechnung mit der Begründung ablehnen müssen, das Ganze sei ihm zu zynisch. Diese Erwartungshaltung verkennt aber ganz offensichtlich, wie Mathematik, wie Grundlagenforschung allgemein funktioniert. Wer eine 60 Jahre alte Rechenaufgabe gestellt bekommt und darauf trainiert ist, hinter jeder Aufgabenstellung so schnell wie möglich den abstrakten Hintergrund zu erkennen, kümmert sich nicht um schmückendes Beiwerk wie eine Geschichte von Bomberstaffeln. Statt Bombern über London könnte man auch Traktoren mit Saatgut über einen Acker oder ein Löschflugzeug über einen Waldbrand fliegen lassen, am mathematischen Hintergrund ändert sich nichts. Mehr noch: Mathematik ist in seiner Reinform so abstrakt, dass sich die Frage nach Moral einfach nicht stellt. Ihre Modelle kann ein Physiker benutzen, um zu verstehen, welche Gesetze das Universum zusammenhalten, oder um Atombomben effizienter zu gestalten. Wer hier mit Moral argumentiert, schwingt sich zur Gedankenpolizei auf. Der Fehler beim Scoring besteht nicht in den sich ergebenden Zahlen, sondern in deren Interpretation. Nicht die Statistik ist verwerflich, sondern derjenige, der sich von einer Balkengrafik blenden lässt, der ohne Ansehen der Person anhand eines Prozentwertes über Menschen richtet.

Um dem Publikum ein Gefühl dafür zu vermitteln, warum Datenschutz wichtig ist, schlägt padeluun vor, man möge sich vorstellen, die eine Hälfte des Auditoriums bestünde aus NPD-, die Andere aus Linkspartei-Anhängern. Dass diese einander unter keinen Umständen auch nur das kleinste Fitzelchen Wissen preisgäben, sei offensichtlich. Unbestritten hat er damit Recht, aber dennoch hinkt aus meiner Sicht der Vergleich zweier sich an gegenseitigen Enden des politischen Hufeisens befindlicher und sich zutiefst misstrauender Organisationen mit den Verhältnissen im täglichen Leben. Mit der Verkäufein, der ich meine Payback-Karte beim Bezahlen hinlege, werde ich mir aller Wahrscheinlichkeit keine Straßenschlacht liefern, um zu verhindern, dass sie ihrem Handwerk nachgeht. Die Basis des Datenschutzes ist meiner Meinung nach nicht extremes Misstrauen, sondern die Haltung: "Ich habe nichts gegen dich, vielleicht vertraue ich dir sogar zu einem gewissen Grad, aber zunächst einmal gehen dich meine Dinge nichts an." Ein c't-Redakteur hat es einmal sehr schön auf den Punkt gebracht: "Wenn es wirklich wahr ist, dass du nichts zu verbergen hast, warum schließt du dann die Tür hinter dir, wenn du aufs Klo gehst?"

Bei all dem darf natürlich die Werbung für den FoeBuD nicht zu kurz kommen, denn die ganze Datenschützerei kostet Geld. So weist padeluun immer wieder auf die Erfolge des Vereins hin, ruft zum Spenden auf und lädt ein, sich im Internetladen umzusehen. Das mag bisweilen etwas penetrant wirken, aber Klappern gehört nun einmal zum Handwerk. Ob Greenpeace oder Unicef, Kirche oder Sportverein, früher oder später deutet jede dieser Organisationen zart an, dass sie von irgendetwas leben muss. Das passt nicht ganz zum Bild der selbstlos segensreich Wirkenden, aber so funktioniert der Kapitalismus nun einmal. Wer etwas dagegen hat, kann das Ganze ja auch "Fundraising" nennen - ist das Gleiche, klingt aber gleich viel netter.

In der Zusammenfassung stellt padeluun seine gesellschaftlichen Thesen vor. Erstens: In der Demokratie regieren die Guten - mit gefesselten Händen. Heißt: Egal, wie segensreich eine Regierung erscheinen mag, ihre Macht muss immer beschränkt bleiben.

Zweitens: Der Preis der Freiheit besteht darin, nicht jedes Verbrechen aufklären zu können. Das gelingt übrigens in einer Diktatur auch nicht. Insbesondere schützt sie die schlimmsten Verbrecher: die Diktatoren.

Drittens: Demokratie ist nicht statisch, sondern muss immer wieder neu ausgehandelt werden. Man darf nicht die Regierungen vor sich hin regieren lassen, sondern muss Druck auf sie ausüben.

Insgesamt hat sich der Abend gelohnt. Zwar überzog padeluun die vorgesehene Stunde um 30 Minuten, aber er hatte ja auch etwas zu erzählen. Der Datenschutz braucht Leute, die engagiert und für Laien verständlich das Thema vermitteln, und padeluun ist einer von ihnen. Ein gewisser Hang zur Selbstdarstellung geht von ihm aus, aber so lange die Selbstdarstellung nicht zum Selbstzweck wird, so lange der plakative Auftritt als Träger eines guten Inhalts dient, bin ich froh, dass es Redner wie ihn gibt.

Montag, 2. November 2009

Schlaflos in Bochum

Ein Rückblick auf die Labortage 2009

Geeks und Nerds gelten allgemein als ausbaufähig sozialkompatibel. Sie beschäftigen sich mit seltsamen Dingen, sehen seltsame Filme, vertreten seltsame Ansichten und lachen über Dinge, über die sonst keiner lacht.

Mit anderen Worten: ein sympathisches Völkchen.

Ab und zu überkommt es diese ungewöhnlichen Menschen, etwas zu veranstalten, das selbst für ihre Maßstäbe ungewöhnlich ist. Bekanntestes Beispiel in Deutschland ist der Chaos Communication Congress, aber auch andere Organisationen laden übers Jahr verteilt zu verschiedenen Treffen, die man besuchen sollte. Mit erst der zweiten jährlichen Großveranstaltung neu dabei ist das Labor
in Bochum mit seinen Labortagen, doch bereits jetzt deutet sich an, dass einer der größten Hackerspaces in Deutschland einen neuen Höhepunkt im Kalender geschaffen hat. Mit 50 Besuchern war die Veranstaltung zwar vergleichsweise überschaubar, aber dafür kannte jeder jeden, und man hatte ausreichend Zeit, sowohl die Vorträge anzuhören, als auch privaten Kleinprojekten nachzugehen. Das Programm konnte sich sehen lassen und deckte für jeden Erfahrungsgrad etwas ab: Angefangen beim Löten für Anfänger über einen mehrteiligen Kurs über Microcontrollerprogrammierung, Lockpicking, Steganografie, Solarzellen zum Selberbauen bis hin zu kryptografischen Methoden der Post-Quantencomputer-Zeit ging es quer durch Theorie, Praxis, Hard- und Software. Zum Ausklang des Abends konnte man sich "Ghost riders" anhören - gespielt auf einer Teslaspule. Wer die eher konventionelle Klangerzeugung vorzog und dennoch stilecht bleiben wollte, kam an einem Abend in den Genuss eines Jakob-Bienenhalm-Konzerts.

Wenn 50 Leute über vier Tage auf relativ engem Raum beisammen sind, sollte man annehmen, dass die eine oder andere Reiberei vorkommt - doch nichts dergleichen. Die Atmosphäre war geprägt von viel Kreativität, hoher Konzentration und beispielhaftem Sozialverhalten.

Was bleibt zu sagen? Erstens: Club-Mate felst. Zweitens: Hermann-Kola felst auch. Drittens: Der "Pizzaman's" (Schreibweise nicht von mir), der uns vier Tage lang belieferte, felst ebenfalls. Am meisten aber felsen die Laboranten, die mit äußerster Professionalität, Geduld und Herzlichkeit rund um die Uhr ansprechbar waren und immer Hilfe wussten.

Bis zum nächsten Mal im Jahr 2010.