Was ist das optimale Vorgehen, wenn man
sein Dienstnotebook im Zug hat liegen lassen und das wenige Minuten
nach Verlassen des Zuges feststellt?
Kurze Antwort: Man geht in den Laden
und kauft ein neues.
Lange Antwort: Der Fall, dass man auf
irgendeine Weise mit dem Personal Kontakt aufnimmt, ist in den
Arbeitsabläufen der Deutschen Bahn AG offenbar nicht vorgesehen. Es
scheint so, als sei ein einmal auf die Reise gegangener Regionalzug
ungefähr so autark wie eine V2-Rakete, die, einmal auf Kurs
gebracht, unentrinnbar ihr Ziel verfolgt und nur durch einen
technischen Defekt oder einen Abfangjäger aufgehalten werden kann.
Zumindest gibt es keine Möglichkeit, bei der Bahn anzurufen und zu
sagen: Achtung, ich habe da im Zug etwas vergessen, schickt doch
bitte eine Zugbegleiterin oder meinetwegen am nächsten Bahnhof eine
Servicemitarbeiterin los, damit sie das gute Stück sicherstellt.
Im Jahr 2013, nicht 1944. Im Zeitalter der mobilen Kommunikation. Jeder der 300 Zuginsassen hat mindestens ein Telefon in der Tasche, nur der Typ vorn in der Lok ist komplett von der Außenwelt abgeschnitten und holt sich erst beim Erreichen des Endbahnhofs mittels Feldtelefon die neuesten Anweisungen von der zentralen Reichsbahnleitstelle Berlin ab? Statt Kontakt mit dem Zug aufzunehmen, verlangt die Bahn, dass man die 0900-Nummer des unternehmeneigenen Fundbüros anruft –
aus einem Firmennetz heraus, das diese Vorwahl generell sperrt,
unmöglich. Nun gibt es glücklicherweise im Internet Seiten, welche
die hinter einer solchen Nummer stehenden normalen Rufnummern
auflisten. So kommt man wenigstens in Kontakt mit der Fundstelle der
Bahn – leider nicht ganz die richtige Ansprechpartnerin, wenn man
davon ausgehen muss, dass der verlorene Gegenstand noch unterwegs ist
und ganz bestimmt noch nicht gefunden wurde. Das sehen die
entsprechenden Callcenterfachkräfte nach einigem Zureden auch ein
und rücken am Ende ein paar andere Rufnummern heraus, bei denen man
sein Glück versuchen kann. Sie können sich vorstellen, was
passiert: Die Leute hinter diesen Rufnummern versuchen zuerst, einem
die 0900-Nummer der Fudstelle aufzuschwatzen und lassen sich nur mit
äußerster Mühe davon überzeugen, dass man gerade von diesen
Leuten hierher verwiesen wurde und am liebsten einfach an das
Personal im Zug oder dem nächsten Bahnhof eine dringende Nachricht
loswerden möchte. Nachdem man fünfmal herumgereicht wurde, tritt
wahrscheinlich der Fall ein, der in Netzwerken als TTL bezeichnet
wird: Nach Überschreiten einer bestimmten Zahl Weiterleitungen gibt
man auf.
Der Bahnhof, mögen Sie jetzt
einwenden. Am Bahnhof können sie doch auch sagen, ob ein Zug
pünktlich ist und warum er sich verspätet. Offenbar
gibt es also irgendeine Art von Kommunikation. Um auch diese Hoffnung
zu zerschlagen: Selbst dort kann oder will man mit den Zügen keinen
Kontakt aufnehmen. Als Ergebnis bleibt ein teures Notebook mit
Zusatzhardware verschwunden.
Zum Abschluss ein Gedankenexperiment:
Was wäre, wenn man den Verlust der auf dem Rechner gespeicherten
Daten lieber in Kauf nähme, als dass die Maschine in falsche Hände
geriete? Achtung, das Folgende ist eine Straftat und sollte keinesfalls über das Stadium eines Gedankenexperiments hinaus gehen:
Wenn jemand am Bonner Bahnhof eine blaue Sporttasche abstellt, hat
man Minuten später ein SEK da, das sich um das Ding kümmert, und
ich möchte wetten, dass ein entsprechender Anruf bei der Polizei
reicht, und es findet sich ganz überraschend doch eine Möglichkeit,
mit dem Zug in Kontakt zu treten.
Warum geht so etwas nicht, um ein simples Notebook zu retten?
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