Es ist Anfang Oktober, Trump hat sich gerade selbst aus dem Krankenhaus entlassen, und alle sind sich einig: Der Mann hat sich endlos blamiert. Wer kann den denn noch wählen?
Einfach gesagt: die Mehrheit der US-Wähler. In deren Augen verhält Trump sich genau so, wie sie es lieben.
Trump, der mit einer Plumpheit lügt, dass selbst Grundschüler merken, dass er Blödsinn redet. Trump, der sich einfach über bestehendes Recht hinwegsetzt. Trump, der es in vier Jahren geschafft hat, die USA von einer Demokratie in eine Autokratie nach russischem Vorbild umzuwandeln. Trump, bei dessen wirren Reden mit Hillibilly-Rhetorik sich viele fragen, ob er vielleicht unter Drogen steht oder schlicht altersverwirrt ist. Dieser Mann ist eine Beleidigung sämtlicher Werte, die ich mir jemals angeeignet habe. Ich habe mich in meinem Leben mehrfach in Situationen begeben, auf die ich mich schuldhaft schlecht vorbereitet hatte und mich dort entsprechend blamiert. Für viele dieser Momente schäme ich mich bis heute. Trump ist ganz offensichtlich schon von der Aufgabe überfordert, einen Schlips korrekt zu binden, von allen komplexeren Aufgaben ganz zu schweigen. Im Vergleich zu ihm wirkt selbst Andreas Scheuer kompetent. Dessen ungeachtet ist er Präsident.
Diese Realversion von King Ralph wollen wir einfach nicht wahrhaben. Zu absurd erscheint uns gerade diese nach einem (sein weitgehendes politisches Versagen einmal außer Acht gelassen) unbestritten intelligenten, eleganten und witzigen Präsidenten wie Obama gleich vierfach ungehobelt daherkommende Karikatur eines Staatschefs. Solche Typen putschen sich an die Spitze mittelamerikanischer Bananenrepubliken, aber nicht ins Weiße Haus. Deswegen werden wir nicht müde zu betonen, dass er in absoluten Zahlen hinter Hillary Clinton lag, dass er der unbeliebteste Präsident seit langem war, dass er mit Wahlkampfauftritten in seinem Amtssitz gegen geltendes Recht verstößt, dass er bei der Besetzung des Obersten Gerichts kurz vor einer Wahl genau die Regeln verletzt, deren Einhaltung seine Partei im umgekehrten Fall vor vier Jahren noch lautstark gefordert hat. Das interessiert aber niemanden. Zumindest ändert es nichts. Die Leute, die Trump verachten, sehen sich nur bestätigt, die ihn vergöttern, sehen sich ebenfalls bestätigt, weil es genau diese Unverschämtheiten sind, die sie an ihm schätzen.
Warum ärgert mich das so? Es ärgert mich aus dem gleichen Grund, als wenn ich sehe, wie jemand sein Auto auf dem Behindertenparkplatz abstellt, um ohne jede ersichtliche körperliche Einschränkung einkaufen zu gehen. Sehen wir es realistisch: Er nimmt niemandem den Parkplatz weg, weil es kaum vorkommt, dass alle reservierten Plätze auf einmal gebraucht werden. Es ist trotzdem eine Frechheit, weil wir alle uns an diese Regel halten und ein paar Meter mehr laufen, damit im Zweifelsfall keine bewegungseingeschränkte Person unnötige Umwege in Kauf nehmen muss. Das Freihalten eines Behindertenparkplatzes ist nicht nur rein rational begründet, es ist eine Frage des Respekts und des Anstands. Wer diese Regeln bricht, stellt sich über den Rest. In einer Gesellschaft mit der Maxime gegenseitiger Rücksicht ist eine solche Haltung ein Affront.
Die Demokraten haben aus der Niederlage vor vier Jahren, wenn schon nicht nichts, dann doch sehr wenig gelernt. In der Überzeugung, Trump sei so unwählbar, dass es ausreicht, irgendeinen Kandidaten ohne jede Strahlkraft aufzustellen, dessen einziges Argument darin besteht, eben nicht Trump zu sein, schicken sie mit Joe Biden ein politisches Auslaufmodell ins Rennen, bei dem ich mich ohne jede Gehässigkeit frage, ob der die kommenden vier Jahre als Präsident körperlich durchhalten kann.
Aber keine Angst, so weit wird es nicht kommen, weil Trump gewinnt.
Nachtrag:
Bei Durchsicht meiner Postings habe ich gesehen, dass ich bereits im August zum Teil wörtlich das Gleiche geschrieben habe. Nein, ich habe mich nicht plagiiert. Ich sehe nur seit Monaten, eher sogar Jahren eine Entwicklung, von der ich fürchte, dass sie uns im November übel erwischen wird. Wenn Sie also nach der Wahlnacht ungläubig auf den Bildschirm starren und sich fragen, wie um alles in der Welt dieses völlg unerwartete Ergebnis zustande kommen konnte, können Sie hier nachlesen: So überraschend war es nicht.
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