Im Dampflokzeitalter war der Heizer ein wichtiger und verantwortungsvoller Beruf. Stimmte die Glut unter dem Kessel nicht, fuhr der Zug zu langsam oder verbrauchte zu viel Brennstoff. Der Heizer war vielleicht nicht der qualifizierteste Spezialist, aber man brauchte ihn.
Die Jahre änderten sich. Lokomotiven fuhren immer seltener mit Kohle sondern mit Diesel oder Strom. Heizer brauchte man nicht mehr. Für die Betroffenen war das natürlich hart. Sie mussten sich nach neuer Arbeit umsehen. Auf der anderen Seite: Die Welt ändert sich. Man kann die Zeit nicht aufhalten, indem man sie verbietet.
Naja, in England schon. Da schafften es die übermächtigen Gewerkschaften, dass es selbst auf E-Loks Heizer gab - überflüssig wie ein platter Reifen, aber Englands Antwort auf den Fortschritt. Zwanzig Jahre bestand diese absurde Situation, bis schließlich Margaret Thatcher dem Spuk ein Ende setzte - die vielleicht einzige sinnvolle Entscheidung ihrer Regentschaft.
Das war in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Seitdem haben wir in Deutschland viele weitere Berufe sterben sehen: Schriftsetzer beispielsweise oder Kohlebergleute. Im Fall des Kohlebergbaus haben wir den schmerzhaften Umbau einer ganzen Region erlebt, aber am Ende konnte einfach niemand mehr nachvollziehen, wie jeder einzelne Bergmann mit Summen subventioniert wurde, die man in anderen Branchen für hochspezialisierte Akademikerinnen bezahlte, wobei der Bergmann etwas aus der Tiefe holte, was oben kein Mensch mehr brauchte.
Subventionen für aussterbende Berufe sind allenfalls Übergangslösungen, die man nutzt, um den Betroffenen mehr Zeit zu verschaffen, sich eine andere Arbeit zu suchen oder in die Rente zu flüchten. Über kurz oder lang muss man aber der Realität ins Auge blicken und akzeptieren, dass Heizer auf E-Loks einfach kein tragfähiges Konzept darstellen.
In Hamburg sieht man das anders.
Dort glaubt die Verkehrsbehörde, den Lauf der Zeit ändern zu können, indem sie eine App verbietet - "Uber", um genau zu sein. Hierbei handelt es sich im Prinzip um die Fortentwicklung der Mitfahrgelegenheit. Privatleute haben einen Platz im Auto frei, melden das, und wer diesen Platz nutzen möchte, kommt zu einem moderaten Preis an eine Fahrt.
Man muss jetzt nicht allzu viel Phantasie besitzen, um zu merken, dass Uber damit mitten im Revier der Taxiunternehmen wildert. Entsprechend fallen deren Reaktionen aus. Mit Streiks und Blockaden versuchen Taxifahrer in ganz Europa, den lästigen Konkurrenten los zu werden. Wo das nicht hilft, muss der Staat helfen, der dann so wie in Hamburg den Dienst einfach verbietet.
Letztlich erscheint mir das wie der Versuch, mit einem Sieb Wasser aus einem sinkenden Schiff zu schöpfen. Wir brauchen nicht darüber zu streiten, dass kontrollierte Fahrzeuge, geeichte Taxameter und Fahrer mit Personenbeförderungsschein ein qualitatives Plus darstellen. Die Frage ist nur: Merkt der Fahrgast davon irgendetwas, und ist ihm das den recht üppigen Fahrpreis wert?
Letztlich verhindern die ganzen Maßnahmen offenbar nicht, dass immer wieder Beschwerden über unpünktliche, unfreundliche und ortsunkundige Taxifahrer laut werden, deren Fahrstil irgendwo zwischen Kampfpilot und James Bond liegt. Selbst wenn seitens der Fahrer alles in Ordnung ist, bleibt doch die Frage, wie sinnvoll ein Geschäftsmodell ist, bei dem ein halbes Dutzend Autos zeitweise stundenlang auf einem Parkplatz beim Bahnhof herumsteht, um dann mit einer einzigen Fahrt die Kosten für die ganze Warterei zu kompensieren. Das kommt nämlich noch dazu: Nicht nur ist die Sache für die Fahrgäste äußerst teuer, sie lohnt sich nicht einmal für die Fahrer besonders. Reich wird man als Taxifahrer ganz bestimmt nicht. Gleichzeitig fahren die allermeisten Privatautos mit einer, vielleicht zwei Personen herum. Die ganze Situation schreit geradezu nach einer Änderung. Ob diese Änderung ausgerechnet in Uber besteht, sei dahin gestellt; sicher scheint mir, dass Verbote hier nichts bringen. Sonst geht es den Taxifahrer wie einst den Heizern auf der E-Lok.
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