Der Titel des Blogs ist natürlich geklaut, wie so ziemlich alles, was ich schreibe. Wenigstens gebe ich es zu.
Abgesehen vom geklauten Titel kommt der Name nicht von ungefähr. Egal, welche Auffassung Sie vertreten, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ich irgendwann einmal darüber herziehen werde. Die Ursache ist weniger, dass Ihre Auffassung falsch ist - es ist ausgesprochen schwer, falsche Auffassungen zu vertreten, dumme vielleicht, unlogische, unausgegorene, aber kaum falsche -, sondern vielmehr daran, dass es Überzeugungen gut tut, gelegentlich in Frage gestellt zu werden.
Wo steht dieses Blog politisch? Links? Ich persönlich kenne keinen Linken, der mich für links hielte. Rechts? Aus Sicht der Rechten bin ich ein Prolet, sowohl von Herkunft, Ausbildung, Lebensführung als auch Auftreten für immer unwürdig, in ihren erlauchten Kreisen auch nur den Boden wischen zu dürfen. Bliebe die politische Mitte, aber die gibt sich diesen arroganten Anstrich, komplett ausgewogen zwischen den Extremen zu schweben, weise erhaben über die Wirrungen der klaren Stellungnahme, dass ich da nicht hingehören möchte.
Die Schwierigkeit liegt wohl darin, dass man praktisch nie zu weit links, aber sehr wohl zu weit rechts stehen kann. Die Mutter, die sich um den Spracherwerb ihrer Kinder sorgt und sie deswegen in keine Schulklasse stecken möchte, in der Deutsch als Muttersprache kaum gesprochen wird, rührt ein Tabuthema an, aber ihre Ängste sind gesellschaftlich akzeptiert. Wenn sie jedoch damit zu "Pro Köln" geht und von Überfremdung zu reden beginnt, ist das für die Meisten ein Schritt zu weit. Suchen Sie mal eine Partei oder Gruppierung im linken Spektrum, bei der einem ähnlich mulmig zumute ist wie beispielsweise bei der DVU oder der NPD. Ganz links findet man Spinner, ganz rechts brennende Asylbewerberwohnheime.
Wenn ein Kenianer auf einem deutschen Bahnhofsvorplatz halb zu Tode geprügelt wird, nennt jeder die Sache beim Namen: Gewalt. Wenn ein Sprengsatz einen Bankpräsidenten tötet, hat dies immer noch den Hauch des politischen Kampfes und ist damit zumindest teilweise gerechtfertigt. Rufen Sie sich die Diskussion um die Haftentlassung Christian Klars und Brigitte Mohnhaupts in Erinnerung. Da ging es nicht um gewöhnlichen Mord, da ging es um politischen Mord, und interessanterweise führten dies sowohl Befürworter als auch Gegner der Freilassung als Argument an. Man interessierte sich für die Motive, man wollte wissen, was diese Menschen 30 Jahre nach ihren Taten zu sagen hatten. Von den Kerlen, die den Kenianer beinahe massakriert haben, erwartet keiner auch nur ein intelligentes Wort.
Verstehen Sie jetzt, warum sowohl Linke als auch Rechte mich nicht leiden können? Weil der flammende Appell fehlt, die leidenschaftliche Teilnahme für eine Seite. Wo steht der Kerl denn nun? Was will er eigentlich?
Statt einer Antwort kommt jetzt der Hinweis, dass dieses Blog auch einen leicht technischen Hauch hat. Das liegt an meiner Ausbildung. Privat und beruflich beschäftige ich mich mit Computern, und das seit einem knappen Vierteljahrhundert, also seit einer Zeit, zu der anständige Jugendliche Hermann Hesse gelesen haben, Fahrrad gefahren sind, zur Tanzschule und zwischenzeitlich für Abrüstung und gegen Kohl auf die Straße gingen. Ja, liebe Kinder, es gab Zeiten, da waren Kanzler noch Männer und Bundespräsidenten bei der SA. Man ging in Tanzschulen, weil es erstens noch Musik gab, zu der zu tanzen sich lohnte und weil es die damals einzig akzeptable Form war, wie pubertierende Jungs und Mädchen sich anfassen durften. Vor allem aber: Es gab keine Computer.
Wie? Es gab keine Computer? Wie hat man denn damals miteinander geredet? Man ging in Kneipen, zahlte 1,30 DM (Deutsche Mark! Nix Euro! Sah nur halb so gut aus, war aber dreimal so viel wert.) für eine Cola (durfte aber davon den Eltern nichts erzählen, weil sie Cola ganz schlimm fanden) und sprach mit dem Mund, nicht mit der Tastatur. Wer lachte, sagte nicht "LOL", wer mal aufs Klo musste, nicht "BRB" und ganz bestimmt war er nicht "AFK".
Wer in diese Welt der kirchlichen Friedensgruppen und Schülerzeitungsredaktionen mit Begriffen wie "ROM-Listing", "Subroutinen" oder "Indexregister" einbrach, wurde von den Jungs als verdächtiger Irrer, von den Mädels als geschlechtsloses Wesen, bestenfalls noch geeignet als Mathenachhilfe, angesehen.
Es war eine Zeit, in der man Stellung hätte beziehen müssen. Man hätte sich entscheiden müssen zwischen dem politischen Weg durch die Ortsvereinsversammlungen, Kreisparteitage und Landesdelegiertenkonferenzen bis zur Stelle des persönlichen Referenten bei irgendeinem Provinzpotentaten, oder dem Weg durch die Rasterzeileninterrupts, Ringpuffer und Relativadressierungen bis zum Multimillionär in der Softwarebranche. Aus der Tatsache, dass ich in ein Blog schreibe und keine Artikel für eine bekannte Zeitschrift, können Sie entnehmen, dass ich die historische Chance verschlief.
Wenn ich aber aus dem Vierteljahrhundert Computerei etwas mitgenommen habe, ist es die Erkenntnis, das Technik sehr schnell politisch ist. Das fing mit den Schülerzeitungen an, die sich weigerten, einen sauber mit dem Nadeldrucker geschriebenen Artikel zu veröffentlichen, weil Computer "irgendwie also was total echt schlimmes, du" waren und sich die wahre Gesinnung in der wackeligen Schrift einer Reiseschreibmaschine offenbarte. Es ging weiter mit der Mailboxkultur, die sich allein schon, weil sie nichtzugelassene Technik benutzte, mit der Staatsmacht anlegte und auch ansonsten ihre höchst eigenen Ansichten vertrat. Es erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt mit dem Internet, bei dem es seit seiner massenhaften Verwendung in Deutschland darum geht, wie man es besonders gut reglementiert, kontrolliert und observiert bekommt. Geht es nach dem Willen der Regierung, dann darf man das Internet nur noch nutzen, um Geld auszugeben und selbst das nur so, wie es den deutschen Wirtschaftsverbänden gefällt.
Technik ist politisch, aber auf ihre sehr eigene Weise. Selbst die deutsche Geekorganisation schlechthin, der Chaos Computer Club, sieht sich nicht eindeutig als politische Organisation, obwohl er sich ständig politisch äußert. Das liegt nicht zuletzt daran, dass viele seiner Mitglieder Politik nicht als Selbstzweck, sondern als etwas verstehen, um das man sich kümmert, wenn es gar nicht anders geht. Sie haben ihre Technik und wollen vor allem sehen, was sich damit anstellen lässt. Ihre Geräte sollen funktionieren. Politik erscheint ihnen vor allem als Funktionsstörung. Politik versucht, funktionierende Geräte abzuschalten oder zumindest zu limitieren. Das begann mit den Hausdurchsuchungen, die man riskierte, wenn man Anfang der 80er-Jahre ein Modem ohne FTZ-Plakette betrieb und endet heute mit der Anzeige wegen Verbreitung von Kinderpornografie, wenn man die Namen gesperrter Internetseiten veröffentlicht. Techniker interessieren sich nicht für Politik, sondern allenfalls für die Meinungen anderer Techniker. Wenn ihnen eine Bundesfamilienministerin sagen will, wie das Internet funktioniert, werden sie grantelig.
Hier liegt aber auch der Grund, warum Techniker politisch so schwer einzuordnen sind. Es ist historischer Zufall, wer sich mit ihnen anlegt. Auf die Idee mit den Sperrverfügungen wäre früher oder später auch ein Politiker der SPD, der Grünen, der FDP oder der Linkspartei gekommen. Technischer Unverstand ist parteiübergreifend.
Damit wäre auch endlich der Bogen zurück zum Titel dieses Blogs geschlagen. Dummes Zeug zu schwätzen ist kein Privileg irgendeiner Partei, sondern hat eine breite politische Basis. Wenn Sie also auf die Idee kommen, sich für ein Denkmal für die armen Linkshänder einzusetzen, weil die ja nichts dafür können, als einzige Minderheit bisher noch nie so richtig fies unterdrückt worden zu sein, können Sie sicher sein, dass ich darüber herziehen werde. Wenn Sie den letzten Auffahrunfall auf der A4 zum Anlass nehmen, die "ADAC Motorwelt" verbieten zu wollen, weil sich in diesem Blatt die Raser ihren nächsten Kick holen, können Sie sich darauf verlassen, dass ich Sie deswegen verspotten werde. Wenn Sie den Islam als gewalttätige Religion verdammen, weil im Koran so viele schlimme Stellen stehen, werde ich Ihnen mit Wonne die Bibelstellen nennen, in denen es mindestens so heftig zur Sache geht. Wussten Sie zum Beispiel, dass im Alten Testament das Volk Israel bestraft wurde, weil es keinen Völkermord begehen wollte?
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen.