Montag, 21. Oktober 2013

Buchkritik: Homeland

Die Geschichte geht weiter. Marcus ist inzwischen ein paar Jahre älter. Auf einem Festival spielt ihm eine ehemalige Mitarbeiterin des Department of Homeland Security einen USB-Stick mit brisanten Whistleblowerdaten zu und lässt sich von Marcus versprechen, sie zu veröffentlichen, falls ihr etwas zustieße.

Was auch prompt passiert. Die Whistleblowerin und ihr Freund werden verschleppt und Marcus steht jetzt vor der Aufgabe, das Material so zu publizieren, dass er nicht auch noch selbst Freiheit und Leben riskiert.

Das ist im Wesentlichen auch schon die ganze Handlung. Dass dies auf mehrere hundert Seiten gestreckt nicht arg dünn wirkt, liegt an den vielen Nebenhandlungen der Geschichte. Das oben genannte Festival und die dahinter stehenden Ideen werden in aller Ausführlichkeit beschrieben, so dass man viel über eine Alternativkultur erfährt. Marcus fängt an, als Webmaster im Wahlkampfbüro eines unabhängigen Senatskandidaten zu arbeiten und bekommt auf diese Weise Einblicke in den Politbetrieb. Später nimmt er an einer Großdemonstration teil und erlebt, mit welchen Mitteln die Staatsmacht praktisch jede beliebig große Menschenmenge unter Kontrolle bringt. Marcus' Eltern und damit er selbst sind in finanzielle Schieflage geraten, und man erfährt, wie in den USA die moderne Form der Leibeigenschaft funktioniert.

Von der Erzählung her wirkt "Homeland" wie der typische zweite Teil einer Trilogie (Beispiel Star Wars). Im ersten Teil entsteht der Konflikt, der zum Teil gelöst wird (Böses Imperium, gute Rebellen, Todesstern futsch, Darth Vader noch am Leben). Der zweite Teil führt die Handlung fort, ohne dass es zur entscheidenden Wende kommt (Das Imperium erringt Teilerfolge, verhaftet Han, aber die Rebellen sind weiter aktiv). Im dritten Teil kommt es zum Showdown (Imperator tot, Darth Vader wieder Anakin Skywalker, zweiter Todesstern auch futsch). Ähnlich wie man beim Abspann von "Das Imperium schlägt zurück" etwas ratlos wegen der vielen offenen Handlungsstränge das Kino verlässt, fragt man sich beim doch etwas sehr staatsbürgerlichem Ende von "Homeland", ob man das nicht auch ein paar hundert Seiten kürzer hätte haben können.

Trotz des etwas unbefriedigenden Endes halte ich "Homeland" für ein lesenswertes Buch. Es führt "Little Brother" sauber fort, ist ebenfalls sehr inspirierend, wenn man sich aus einer leicht staatskritischen Haltung heraus mit Kryptografie beschäftigt, haut einen aber nicht mehr so um wie der erste Band. Wer ein paar hacktivistische Anregungen braucht, wird an dem Buch Spaß haben.

Cory Doctorow: Homeland http://craphound.com/homeland/

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