In den letzten Jahrzehnten habe ich mehrere Hypes er- und durchlebt. Das fing mit neuen Spielzeugen an, die ich zum Dazugehören unbedingt besitzen musste, es erwischte mich richtig schwer mit meinem ersten Computer, der mich bis heute in eine mathematisch-naturwissenschaftliche Laufbahn gelenkt hat und ging über das Internet Mitte der Neunziger bis zu den dadurch ausgelösten Modewellen. Besonders hängen blieben bei mir die Piratenpartei und Twitter. Anlass für diesen Artikel ist das an der Grenze der Unerträglichkeit lavierende Geschrei meiner Filterblase nach einer neuen App, die es Leuten mit einem I-Phone ermöglicht, Audiokonferenzen zu veranstalten. Ich kann mir - Datenschutzbedenken kurz ignoriert - gut vorstellen, dass diese App enorm viel Spaß bringt und Gespräche durch ein paar simple, aber offenbar längst überfällige Optionen auf ein neues qualitatives Niveau hebt. Was sich die Leute komplett schenken können, sind vor Affektiertheit triefende Sätze wie diese:
"Du bist doch heute Abend auch dabei, oder?"
"Nein, auch wenn Du es mir jetzt schon zum vierten Mal erzählst. Ich habe die App nicht."
"Ach ja, stimmt. Du kannst Dir ja kein I-Phone leisten. Ich hätte ja ein Inweit für dich. Ich habe meins übrigens von Sascha bekommen. Sascha Lobo, weißt du? Naja, das ist ja ohnehin nichts für dich, ich muss jetzt aber los, hab gleich noch ein Influenza-Mieting, tschüss denn."
Und schon ist er wieder weg, eine Schleimspur aus Selbstgefälligkeit hinterlassend.