Ich habe die RAF erlebt und wie das Land kollektiv auf Terroristenhatz ging. Ich habe Tschernobyl erlebt und wie wir bei Regen reingingen, weil er die radioaktiven Partikel aus der Luft wusch. Misstrauisch beäugten wir monatelang jeden Strauch und überlegten, ob wir die Beeren gefahrlos essen könnten oder ob sie doch zu stark belastet sind. Ich habe den 11. September 2001 erlebt und wie wir jeden dunkelhaarigen Bartträger für einen potenziellen Mörder hielten. Noch nie jedoch habe ich etwas erlebt, was so unwirklich anmutet, dass ich mir immer wieder ins Bewusstsein rufen muss, dass ich nicht gerade einen Katastrophenfilm sehe, sondern dass dies alles sehr real ist. Ansatzweise hatte ich dieses Gefühl nur, als ich die Türme des World Trade Centers einstürzen sah und dachte: Nein, da sind eben keine zwei Passagierflugzeuge mit voller Absicht reingeflogen. So etwas kann nicht passieren. Guck doch nur, wie die Hochhäuser senkrecht in sich zusammensacken, als wäre es ein Lehrfilm. Sowas gibt es nur im Kino.
Es dauerte eine Weile, bis ich dieses Gefühl der Unwirklichkeit loswurde.